06.10.2016 / Weitere Texte

Das digitale Rezept der Industrie für neue Arbeitsplätze

Die Initiative „digiTalente“ der Industriellenvereinigung soll bis 2020 ein Potenzial von 40.000 neuen Jobs heben.

Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, will nichts beschönigen. Bei einer Pressekonferenz zum Thema Digitalisierung stellt er fest, dass die Produktion immer mehr mit digitaler Unterstützung abläuft, die Automatisierung voranschreitet. Er räumt ein, dass dadurch Arbeit von jenen mit einfachen, manuellen Hilfstätigkeiten verloren gehen, aber: „Die Digitalisierung findet statt, die Erfahrungen der Industrie zeigen, dass wir uns vor dieser Entwicklung nicht fürchten müssen – ganz im Gegenteil, der technische Fortschritt hat zu neuen, qualifizierten Jobs geführt“, sagt Neumayer. Von 2.600 Fräulein vom Amt, die noch in den 50er Jahren bei insgesamt 10.500 Beschäftigten im Fernmeldewesen, Telefonierende miteinander verbanden, gibt es heute zwar keine mehr. Dafür arbeiten heute aber 5.500 Menschen in Callcentern bei insgesamt 128.000 Beschäftigten im IKT-Sektor, der Informations- und Kommunikationstechnologie. „Wir müssen den Digitalisierungsprozess aktiv gestalten“, sagt Neumayer, damit weitere Jobs in Österreich entstünden.

Produktion dirigieren

Jährlich vier Milliarden Euro werden Österreichs Industrieunternehmen bis 2020 in Industrie 4.0 Anwendungen investieren. Sie erwarten sich davon 2,4 Milliarden Euro an zusätzlichen Umsätzen pro Jahr. Beim Automobilzulieferer Miba mit rund 5500 Mitarbeitern weltweit, davon rund 2300 in Österreich, sind es neue Logistiksysteme, Kameras und Softwarelösungen, die die Automatisierung der Produktion weiter vortreiben sollen. Während 1995 noch die Hälfte aller Arbeitnehmer in Österreich mit manuellen Tätigkeiten beschäftigt war, sind es 2015 nur noch knappe 40 Prozent gewesen. Die IV-Fokusgruppe zum Thema digitale Wirtschaft und Gesellschaft unter der Leitung von Miba-Vorstandsvorsitzenden Franz-Peter Mitterbauer zeigt auf, dass der Anteil an analyltischen, interaktiven und kognitiven Arbeitsfeldern in Österreich bereits steigt – und weiter steigen wird: „Die Rolle der Mitarbeiter in der Produktion verändert sich, weg von der manuellen Kraft hin zum Dirigenten“, sagt Mitterbauer. Dazu investiere man auch in die Aus- und Weiterbildung der Belegschaft.

Aus- und Weiterbildung

Es geht um 40.000 neue Arbeitsplätze, die laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo bis 2020 im sogenannten Mint-Bereich, der Mathematik, Informatik, den Naturwissenschaften und der Technik entstehen. Das Rezept der Industrie um die digitalen Talente zu heben ist vor allem Aus- und Weiterbildung, sowohl von öffentlicher Seite – da fordert die Industrie den Ausbau der Mint-Förderung ab dem Kindergarten – als auch von betrieblicher. Ingesamt nehmen Österreichs Unternehmen laut Kurt Schmid, Ökonom am Institut für Bildungsforschung, jährlich 1,4 Milliarde Euro für Aus- und Weiterbildung in die Hand. Besonderen Bedarf gibt es in den Bereichen Technik und Produktion und laut Schmids Umfrage, sagen heute noch fast drei Viertel der befragten Unternehmer, dass die Qualifizierung der Mitarbeiter noch hinter der Entwicklung in der Industrie 4.0 hinterherhinke.

Internationale Produktionskette

In einer digitalisierten Produktion sind mehr Wissen über das komplexe System als Ganzes gefragt, auch der einzelne Mitarbeiter müsse betriebliche Ablaufprozesse verstehen, erläutert Schmid. Fachkenntnisse alleine reichen oft nicht mehr aus, die Mitarbeiter übernehmen auch organisatorische und kaufmännische Verantwortung. Und durch Digitalisierung wie Globalisierung der Industrie werden soziale, interkulturelle und Fremdsprachen-Kompetenzen wichtiger, schließlich arbeiten die Mitarbeiter der Industrie 4.0 nicht mehr für sich gestellt im Werk in Österreich, sondern zunehmend in internationalen Teams als Teil von weltweiten Produktionsketten miteinander zusammen.

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